Eine Jazzinstitution im Jazzinstitution

»Am Anfang stand ein Ende. Dieses Ende war die aktive Zeit bei der Ulmer Knabenmusik, wie die Junge Bläserphilharmonie Ulm anno 1977 hieß. Denn nach dem Abitur, aber spätestens mit 25 heißt es Abschiednehmen von dem Jugendblasorchester. Was nun? Das fragten sich damals ein rundes Dutzend junger Musiker, die die Altersgrenze erreicht hatten. Sie wollten weiter Musik machen, und eines sollte es ganz sicher nicht sein: eine jener Blaskapellen, die damals vor allem Walzer und Märsche im Repertoire hatten. Das wollten diese jungen Musiker, deren UKM-Dirigenten Norbert Nohé und dessen Vorgänger Paul Kühmstedt neben sinfonischer Blasmusik auch schon Jazz und Blues ins Programm genommen hatten, keinesfalls.

Eine Big Band sollte es sein. Nur: So einfach war das 1977 gar nicht. In der Region gab es kein solches Ensemble. „Wir wussten nicht, wo wir Noten herbekommen sollten. Wir hatten auch niemanden, der Ahnung von Jazz hatte“, erzählt Posaunist Rolf Schickler. Er war damals 20 Jahre alt und einer dieser Knabenmusiker und ist heute mit den Saxophonisten Thomas Rupp und Udo König  eines von drei Gründungsmitgliedern, die noch an den Pulten der Big Band Ulm sitzen. Mit Uli Warlich fanden sie dann einen versierten Jazzer, der ihnen den Unterschied zwischen den Noten und Jazz beibrachte. Denn auch das stand damals nicht auf den Stundenplänen der Musikschulen, erinnert sich Schickler.

Nachhaltige Idee

Die Idee einer Big Band war höchst nachhaltig: Am Samstag begehen die Musiker das 40-jährige Bestehen mit einem Jubiläumskonzert im Alten Theater. Ganze drei Leader hatte die Band in diesen Jahren, zuerst den Bassisten Uli Warlich, von 1984 an den Multiinstrumentalisten Horst Müller, und seit 2008 steht der Saxophonist Jens Nüßeler seinen Mitmusikern vor. Der ist ein Eigengewächs der Band, spielte erst in der Uni Big Band, wechselte schon vor 20 Jahren zur Big Band Ulm und nutzte jede Gelegenheit, um sich weiterzubilden. „Als Horst Müller sagte, dass er aufhört, da zeigten alle Finger auf mich“, erzählt Nüßeler, der damals auch gleich einen Sänger mitbrachte: Ralph Merkle.

Mit ihnen gab es einen Wandel in der Ausrichtung der Big Band, die bis dato dem reinen Jazz gefrönt und Arrangements von Count Basie, Peter Herbolzheimer, Neal Hefti oder Don Menza gespielt hatte. Die Arrangements sind immer noch tricky, verlangen den 19 Herren und den zwei Saxophonistinnen Magdalena Letsche, der Frau von Bandleader Jens Nüßeler, und Sonja Nitsche, die fast alle Amateure sind, professionelle Leistungen ab. Aber mittlerweile haben die Ulmer auch Pop im Repertoire, etwa Al Jarreaus  „Boogie Down“ oder die ultimative Soul-Hymne „Digging on James Brown“ der Bläser-Ikonen von Tower of Power.«

Südwest Presse 08.11.17
zum 40-jährigen Jubiläum der Big Band Ulm e.V.